Ein Hauch von Tod

Bist du schon mal gestorben? Allein, mit jemandem oder für etwas? Wie war dieser Tod für dich? Lang und schmerzhaft oder eher kurz und grauenvoll? Oder womöglich dezent staunend und voller Neugier und Beobachtung?

Es gibt so viele Arten des Sterbens und so viele mögliche Verluste im Leben. Vielleicht hast du dein ungeborenes Kind verloren oder vielleicht hast du (nur) einen wertvollen Talisman verloren. Womöglich ist ein für dich wichtiges Projekt gescheitert oder aber du hast den Glauben an jemanden verloren. Vielleicht wurdest du von deinem Partner verlassen oder aber du bist alt geworden und deine Kräfte schwinden. Jeder Mensch von uns hat schon mal etwas oder jemanden verloren und in den letzten Jahren ist das Thema Tod und Vergänglichkeit überall präsent. Es lässt sich nicht mehr vermeiden und das ist gut. Wie fühlst du dich, wenn du diese Zeilen liest? Offen und präsent oder eher weinerlich betrübt, weil dich womöglich Erinnerungen einholen. Vielleicht eilst du auch gedanklich bereits in die Zukunft. Dir fällt womöglich gerade die Schokolade im Schrank ein oder die nächste Pizza oder dein nächster Urlaub. Vielleicht möchtest du auch lieber online shoppen oder zum nächsten Katzenvideo weiter scrollen. Beobachte einmal wie ungern deine Aufmerksamkeit beim Thema Tod bleibt. Sich wirklich auf das Thema Tod einzulassen bedeutet tiefes Loslassen. Es bedeutet ein komplettes Zulassen des (jetzigen) Augenblicks. Das Einlassen auf den Tod bedeutet ein völliges Sterben der Zukunft und aller Pläne, Wünsche und Erwartungen. Es bedeutet eine meist schmerzhafte Akzeptanz dessen, dass Dinge unvollendet bleiben, dass Worte ungesagt bleiben und Träume zerplatzen. Sterben bedeutet aber auch das Loslassen alter Gewichte und Geschichten. Sich dem Sterben friedvoll stellen zu können ist eine der höchsten Künste, die ein Mensch erlernen kann. Den Tod als Lehrmeister zu akzeptieren kann sehr heilsam sein. Sterben als Heilung zu sehen (und zwar zu Lebzeiten)kann einen tiefen Heilprozess in Gang setzen. Dafür müssen wir uns unseren Gefühlen stellen, die wir so gerne wegsperren, weil wir „funktioniern“müssen. Gefühle wie Angst, Wut, Trauer, Scham oder Schuldgefühle. Das Sterben ist ein intensiver Klärungsprozess, bei dem alles Unerledigte und „Unverdaute“noch einmal gesehen und gefühlt werden möchte. Alle „eingefrorenen“ Emotionen und  Dinge tauen auf. Je mehr du zu Lebzeiten klärst, desto friedvoller wirst du Abschied nehmen können. Sowohl wenn du selbst stirbst als auch wenn andere von dir gehen. Je aufgeräumter dein Innenleben ist, desto ungezwungener wirst du Abschiede meistern können. Schaue also immer wieder genau hin, was dich zu Lebzeiten (noch)bedrückt, verletzt, schmerzt oder irritiert und versuche dies zu lösen. Wir alle wissen nie genau, wann der Tod wieder anklopft.